EINLEITENDE WORTE
Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich auf der Suche nach Therapietools und Methoden für die Arbeit mit Kindern in unserer wunderbaren Gemeinschaftspraxis Therapiecafe 15 in Wien (meine Kolleg*innen schmunzeln jetzt wahrscheinlich da sie meine Recherchesucht äh -liebe schon kennen, hehe).
Durch einen glücklichen Zufall (oder meine exzellente Recherche ;-) bin ich auf das Institut für Positive Psychologie und Resilienzforschung (IPPSY) unter der Leitung von Silvia Exenberger und Verena Wolf in Innsbruck gestoßen. Ich war begeistert.
Auf der Homepage des IPPSY finden sich nämlich nicht nur Infos und Tipps für Eltern zum Thema Positive Psychologie und Resilienzförderung für Kinder sondern auch Materialien für Pädagog*innen im Kindergarten und Lehrpersonen in der Volksschule, das hier eingesehen werden kann.
Diese Stundenbilder, Spiele und Übungen beruhen auf wissenschaftlich belegten Resilienzfaktoren, die kulturübergreifend gültig sind.
Ihnen liegen die drei Resilienzquellen: Ich HABE , Ich BIN, Ich KANN (Grotberg, 2001) zugrunde.
Diese werden gestärkt über die konkrete Förderung der drei großen Resilienzfaktoren: soziale Kompetenz und Ressourcen (Ich HABE), Selbst- und Fremdwahrnehmung (Ich BIN) sowie Selbstwirksamkeit (Ich KANN).
Und die Förderung von Resilienz ist gerade in diesen verwirrenden und leider immer noch unsicheren Zeiten in der Arbeit in einer psychologischen Praxis das Um und Auf (und das übrigens nicht nur mit Kindern).
Dankeschön, liebe Frau Exenberger und Frau Wolf!
Cover me in sunshine – Resilienzförderung in der Krise
Cover me in sunshine
Shower me with good times
Tell me that the world’s been spinning since the beginning
And everything will be alrightCover me in sunshine
In diesem Lied von Pink, das sie gemeinsam mit ihrer Tochter Willow Sage Hart singt, ist das Fröhliche und Positive des Refrains in den Worten eben so spürbar wie in der Melodie – ein echtes „Feeling better-Lied“ für eine herausfordernde Zeit.
Die vergangenen Monate und die geltenden Maßnahmen haben uns allen viel abverlangt. Wir mussten auf einiges verzichten und mitunter neue Wege finden, um unseren Alltag zu bewältigen: Homeschooling, Homeoffice etc.
Auch für die Kinder und Jugendliche war diese Zeit eine große Herausforderung und zahlreiche Studien belegen deren Belastung. »Resilienz« ist zu einem vielgenannten Schlagwort geworden:
Es bedeutet, gut mit belastenden Situationen umzugehen und diese nach Möglichkeit zu überwinden.
Drei Quellen der Resilienz
Hülle mich in Sonnenschein,Lass schöne Erlebnisse auf mich regnen.Sag mir, dass sich die Welt immer schon gedreht hatund dass alles wieder gut werden wird.
Wenn wir diese Worte vor einem wissenschaftlichen Hintergrund betrachten, so finden wir gleich mehrere resilienzfördernde Elemente darin.
E. H. Grotberg (2001) hat in ihren Forschungsarbeiten drei Quellen von Resilienz ausgemacht: Ich HABE, Ich BIN und Ich KANN.
Kurz erklärt bezieht sich dabei „Ich HABE“ auf Ressourcen von außen, also jegliche Art von Unterstützung, „Ich BIN“ auf persönliche Eigenschaften, Meinungen und Einstellungen, also eine innere Stärke, und „Ich KANN“ auf Fähigkeiten und Fertigkeiten, die eine Person erworben hat und anwenden kann.
Das Besondere am Text diese Liedes ist, dass wir bei genauem Hinsehen, alle diese drei Quellen der Resilienz finden können.
Dass dieses Lied im Zusammenhang mit einer belastenden Situation steht, wird in den Strophen deutlich und lässt Erinnerungen an Zeiten der Quarantäne wach werden:
Langeweile [I’ve got so much time to kill], hilf mir durch einen weiteren Tag zu kommen [Get me through another day], Distanz [From a distance all these mountains are just some tiny hills] und eingeschränkte Bewegungsfreiheit [Wildflowers
ICH HABE…
Ich HABE eine Person, die für mich da ist
Der Refrain ist eine Bitte, die eine Person an eine andere richtet.
Lassen wir es, da es Pink mit ihrer Tochter singt, ein Kind sein, welches seine Mutter bittet – zuerst singen sie gemeinsam, am Ende des Liedes singt das Kind allein.
Wenn wir dies in die Sprache der Resilienz übersetzen, so geht das Kind davon aus, jemanden zu haben, der für das Kind da ist, hilft und unterstützt.
Die Zuwendung der Mutter wird auch in der ersten Strophe deutlich, wenn sie Mut macht und für beide spricht: „Ich weiß, dass wir auch eines Tages wieder lachen werden.“ [Just imagine people laughing, I know some day we].
Dies vermittelt ganz direkt das Gefühl, die Sache gemeinsam durchzustehen, sodass das Kind erleben kann: ich HABE eine Person, die für mich da ist, die mir Mut macht, und mir zeigt, wie ich möglichst gut durch diese schwierige Situation komme.
ICH BIN…
Ich BIN zuversichtlich
Von den vielen Aspekten der Resilinezquelle „ich BIN“ finden wir in dem Lied besonders eine Stärkung von „ich BIN zuversichtlich“.
Am deutlichsten wird dies in den Zeilen „Sag mir, dass die Welt sich immer schon gedreht hat und dass alles wieder gut werden wird.“
Zuversicht finden wir auch in der ersten Strophe: Die Mutter holt gedanklich Bilder von freundlichen [I’ve been dreaming of friendly faces] und lachenden Gesichtern her [Just imagine people laughing] und vermittelt das Vertrauen für sich und das Kind, auch selbst wieder einmal lachen zu können, wenngleich es vielleicht noch dauert [I know some day we will, And even if it’s far away].
Zuversichtlich zu sein und Hoffnung zu haben sind wichtige Elemente, wenn es um Resilienz geht.
In einer Krise einen Ausblick darauf zu geben, dass sich die Situation wieder ändern wird, dass auch wieder bessere Zeiten kommen können, bringt Zuversicht. Gerade in der momentanen Situation haben wir eine gute Möglichkeit, unseren Kinder dies zu vermitteln.
Jetzt, da es Lockerungen gibt und wieder mehr möglich ist, ist ein besonders passender Zeitpunkt, gemeinsam zu reflektieren: sich an schwierige Zeiten zu erinnern und dabei deutlich zu machen, dass man sie überwunden hat.
Diese Erkenntnis kann stärken und eine Erfahrung sein, auf die Kinder in künftigen Belastungssituationen zurückgreifen können.
Positive Gefühle
Eng damit verbunden ist die Bedeutung von positiven Gefühlen in Zeiten von Krise, Belastung und Stress.
Dabei soll klargestellt werden, dass es weder hier noch in der Positiven Psychologie darum geht, Dinge schön zu reden und überall gleich etwas Positives zu sehen. Vielmehr geht es darum, möglichst viele positive Gefühle in sein Leben zu holen und den Blick dafür zu schärfen, was Erfreuliches im Alltag geschieht.
Positive Emotionen spielen bei dem Lied Cover me in Sunshine eine große Rolle und kommen besonders deutlich zum Ausdruck bei den Bildern des „Einhüllens in Sonnenstrahlen“ und des „Regens aus schönen Erlebnissen“.
Sie können das Gefühl von Zuversicht stärken.
Neben diesem Erleben von „Ich BIN zuversichtlich und voll Hoffnung“, spürt das Kind durch die Zuwendung und Hilfe der Mutter, dass es geliebt wird. Diese Erfahrung gehört zu den kostbarsten und elementarsten: “Ich BIN wertvoll und geliebt“.
ICH KANN…
Ich KANN Probleme lösen
Auch die dritte Quelle der Resilienz, „ich KANN“, finden wir in diesem Lied.
Bedenkt man nämlich, dass der Refrain eine Bitte ist, so können wir davon ausgehen, dass das Kind, weiß, was es in dieser Situation braucht.
Es scheint erfahren zu haben, welche Dinge in schwierigen Zeiten helfen, hat ein Gefühl dafür, was jetzt gut wäre und gut tun könnte.
Dies ist ein bedeutender Aspekt: „ich KANN Wege finden, um Probleme zu lösen“.
Hat man in schwierigen Zeiten das Gefühl, mit der Situation umgehen zu können, sich selbst helfen zu können, so ist dies ein wichtiger Baustein für Resilienz.
Fazit
Der Sommer und die Ferien stehen vor der Türe. Keiner kann noch wirklich abschätzen, wie der weitere Verlauf diese Pandemie ist – ob sie sich dem Ende zuneigt oder wir momentan nur in einer „Verschnaufpause“ sind.
Für die Förderung unserer eigenen Resilienz und jener unserer Kinder können wir die drei Resilienzquellen „Ich HABE, ich BIN und ich KANN“ im Auge behalten und versuchen, glückliche Momente und schöne Erlebnisse sehr bewusst wahrzunehmen und zu genießen.
Konkrete Tipps für Eltern zur Stärkung von Kindern in der Corona-Krise finden sich unter www.resilientekinder.com
Tipps für Eltern: https://www.institut-positivepsychologie.at/eltern-tipps/
Anhang
I’ve been dreaming of friendly facesI’ve got so much time to killJust imagine people laughingI know some day we willAnd even if it’s far awayGet me through another day
From a distance all these mountainsAre just some tiny hillsWildflowers, they keep livingWhile they’re just standing stillI’ve been missing yesterdayBut what if there’s a better place?
Über die Autorinnen:
Dr. Silvia Exenberger
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Forsch
Dr. Verena Wolf
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Arbeit
www.institut-
- Foto von Matheus Bertelli von Pexels
Literatur & Quellen:
- Seligman, M. (2015). Wie wir aufblühen, (6.Aufl.). München: Wilhelm Goldmann Verlag.
- Grotberg, E. H. (2001). Resilience programs for children in disaster. Ambulatory Child Health, 7, 75-83.
- Exenberger, S., Wenter, A., Schicke, M., & Sevecke, K.(2021). Covid-19 Kinderstudie: Eingeschränkte soziale Kontakte: Wie geht es den Kindern nach einem Jahr Pandemie?, Online-Vortrag, Institut für höhere Studien (IHS). Abrufbar unter: https://www.youtube.
com/watch?v=fSjzWsWH7RM
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