Glück ist, wenn man Schwein hat, aber nicht jedes Schwein ist glücklich.
(Heini Almstätter, deutscher Mundartdichter und Kabarettist *1941)
Es ist schon einige Zeit her, da habe ich einen Gastartikel über ein Thema geschrieben, das mich damals sehr beschäftigt hat: Glück. Besser gesagt: glücklich sein. Noch besser gesagt: Wie schafft man es, glücklich zu sein?
In dem Artikel ging es um die sogenannte hedonistische Tretmühle.
In den 1990er Jahren hat der britische Psychologe Michael Eysenck die Theorie der hedonistischen Tretmühle entwickelt. Die Theorie besagt, dass wir Menschen die Tendenz dazu haben, nach einem stark positiven (oder negativen) Lebensereignis relativ schnell zu einem relativ stabilen Level von Glück (unserer sogenannten „Happiness-Baseline“) zurückzukehren. Man konnte beispielsweise an Lottogewinner*innen beobachten, dass sie ein Jahr nach ihrem Gewinn gleich (un)glücklich waren wie davor. Und man merkt es auch an sich selbst z.B. nach einem Jahr nach der langersehnten Beförderung im Job.
Wir strudeln uns also ständig ab, noch glücklicher zu werden, kommen dabei aber doch irgendwie nicht weiter. Warum machen wir das andauernd? Das ergibt doch keinen Sinn!
Warum können wir nicht einfach glücklich sein?
Und wie schaffe ICH es, glücklich zu sein?
Der amerikanische Bestseller-Autor und mental-health-Blogger Mark Manson erklärt in seinem „Guide To Happiness“ den Hintergrund des psychologischen Phänomens der hedonistischen Tretmühle:
Unsere Happiness-Baseline ist leider wie so vieles in der Psyche des Menschen zum Teil genetisch vorprogrammiert und bescherte uns in der Menschheitsgeschichte wohl einen evolutionären Vorteil. Wären wir nicht immer und immer wieder auf diese mittelglückliche Happiness-Baseline zurückgefallen, wären wir als Menschheit vermutlich ausgestorben, weil wir nie versucht hätten, mehr in unserem Leben zu erreichen. Wir leben also in einer ewigen „Glücks-Tretmühle“.
Aber was ist, wenn wir glücklicher werden wollen als diese Baseline (die anscheinend zu 50% genetisch vorprogrammiert ist)?
Wie schaffen wir es, aus dieser „Glücks-Tretmühle“ auszusteigen?
Und wie schaffe ICH es, aus dieser Tretmühle auszusteigen?
Was ist Glück ? Kontrolle !
Wie man durch Kontrolle glücklich werden kann
Laut Manson ist das wichtigste Tool überhaupt, um glücklicher zu werden, KONTROLLE über unser Leben zu haben.
So sind beispielsweise Personen, die denken, sie hätten ihren Erfolg nicht verdient (also keine Kontrolle darüber), anfälliger für Depressionen, Suchterkrankungen und Suizidalität.
– Der Trick ist also, zu lernen, wie wir mehr Kontrolle über unser Leben erlangen und diese 5 Glücks-Tipps von Mark Manson könnten uns wirklich (!) dabei helfen. Kein Scheiß! ;-) Denn mir haben sie bereits geholfen. Ich habe sie mir auf Post-it’s geschrieben und als Daily Reminder an meinen Kasten geklebt.
WIE GEHT GLÜCKLICH SEIN?
1. ÜBERNIMM VERANTWORTUNG
für dich und dein Leben
Die Verantwortung für sich selbst ist die Wurzel jeder Verantwortung.
Mong Dsi
Übernimm Verantwortung für dein Leben!
Übernimm die Verantwortung dafür, die passenden Bewältigungsstrategien zu finden, um mit einem (auch unverschuldeten) negativen Lebensereignis umgehen zu können. Frag dich nicht: „Warum ist mir das passiert?“, sondern: „Was werde ich jetzt stattdessen tun?“ Akzeptiere, was du nicht verändern kannst.
Vor genau zwei Jahren am 1.12.2018 starb unser Vater an einer Lungenentzündung, was recht häufig passiert am Ende einer Demenzerkrankung. Und obwohl ich schon lange Zeit damit gerechnet hatte, dass er nicht steinalt werden würde (genetische Vorbelastung, ungesunder Lebensstil), traf es mich wie ein Schlag ins Gesicht. Der nächtliche Anruf aus dem Pflegeheim in das er erst 2 (!) Tage zuvor übersiedelt worden war, war ein Schock für mich.
Noch nie zuvor hatte ich so viel in meinem Leben hinterfragt wie in dieser Zeit. Welchen Sinn macht das Leben? Welchen Sinn gebe ich meinem Leben?
Und ob ich es wollte oder nicht: ich war gezwungen, Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur für Andere wie meine Mutter (denn diese Verantwortung konnten wir Kinder uns zum Glück teilen) …sondern auch für mich selbst (denn diese Verantwortung konnte und kann ich nicht teilen und trage sie alleine).
2. ZEIGE MUT
und erweitere den Handlungsspielraum
Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.
Demokrit
Gewöhne es dir an, Mut zu zeigen! Menschen, die Angst vor etwas haben, haben selten die Kontrolle über diese Dinge. Je weniger Mut sie aber zeigen, desto weniger Handlungsspielraum haben sie. Sei also mutig!
Nachdem ich durch den Tod meines Vaters in die Phase der Generativität* gestolpert war und mir plötzlich von mir selbst die SINNFRAGE gefallen lassen musste, musste ich plötzlich auch mutig sein.
Wer sich schon einmal intensiver damit beschäftigt hat was er*sie der nächsten Generation hinterlassen will, der*die kennt das Problem: wer Verantwortung für sein Leben übernimmt, muss auch mutig neue Ziele setzen und neue Wege gehen.
Also habe ich ganz mutig einfach mal beschlossen, mich selbständig zu machen.
Und soviel habe ich dabei bereits gelernt: das erfordert eine Meeeeenge Mut!
*Die Phase der Generativität ist die 7. Stufe in Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung (40-65 J.): Generativität bedeutet nach Erikson die Liebe in die Zukunft zu tragen und sich um zukünftige Generationen zu kümmern (Stangl, 2020).
3. SETZE DIR KLEINE ZIELE
die du auch erreichen kannst
Zufriedenheit im Kleinen lohnt mehr als das Jagen nach Glück im Großen.
Peter Amendt
Nicht neu, aber hilft Wunder: setze dir kleine Ziele, die du auch erreichen kannst! Drastische, große Veränderungen im Alltag können von den meisten Menschen über einen langen Zeitraum nicht aufrecht erhalten werden! Besser ist es, kleine erreichbare Ziele zu setzen, die man dann auch wirklich erreicht und dadurch mit dem angenehmen Gefühl belohnt wird, Kontrolle über sein Leben zu haben.
In meinem Fall habe ich erstmal damit begonnen, mich einzulesen. Ich habe mir ein Jahr lang dafür Zeit gegeben. Ich habe wahnsinnig viel dazugelernt, gefühlt mehr als während meines Studiums. Denn ich hatte schon das große Ziel vor Augen: meine eigene kleine Praxis als selbständige Psychologin. Und diesen Blog, damit ich nicht vergesse, was ich in diesem Jahr gelernt habe.
Für die Selbständigkeit und den Blog brauchte ich aber nicht nur angeeignetes Wissen (das womöglich niemanden außer mir interessieren würde), sondern v.a. eines: Zwischenziele. Am Beispiel des Blogs waren das meine Einzelziele: Fotos und Homepage machen lassen, Beiträge schreiben, Social Media Profile anlegen. Und alle diese kleinen Ziele konnte ich noch einmal unterteilen. So lange bis ich das Gefühl hatte, sie auch wirklich bewältigen zu können.
4. SEI UNABHÄNGIG(ER)
vom Urteil Anderer
Das Glück besteht darin, zu leben wie alle Welt und doch wie kein anderer zu sein.
Simone de Beauvoir
Minimiere deine Abhängigkeit vom Urteil Anderer! Wenn du dich zu sehr auf die Beurteilung durch Andere über dich und dein Tun konzentrierst, verlierst du dadurch ein Stück weit die Kontrolle über dein Leben. Streng dich für dich selbst an und nicht dafür, damit irgendjemanden irgendwann beeindrucken zu können!
Als ich dann mit diesem Blog endlich online ging, war ich sehr gespannt, was andere dazu sagen würden. Noch nie zuvor hatte ich etwas veröffentlicht (außer gezwungenermaßen in der 8.Klasse beim Aufsatzwettbewerb). Ich war leicht nervös.
Zu meinem großen Glück waren die meisten Reaktionen auf den Blog positiv. Was aber wäre gewesen, wenn ihn alle Scheiße gefunden hätten? Hätte ich etwas Grundlegendes daran verändert?
Ich glaube nicht, denn der Blog und auch das Arbeiten als Psychologin (online und ab Jänner in der wunderbaren Gruppenpraxis Therapiecafe´) machen mich als Mensch aus und spiegeln mich wieder. Und das ist es, was ich wichtig finde – für jede*n von uns:
Sei mehr du selbst und weniger das, was du glaubst, für Andere sein zu müssen.
5. WECHSLE DIE PERSPEKTIVE
auf das große Ganze
Das Glück ist a Vogerl.
Klassische Wiener Lebensweisheit
Nimm eine andere Perspektive ein! Personen, die eine gut entwickelte Perspektivenübernahme haben und außerdem auch noch das „große Ganze“ sehen, besitzen eine höhere Happiness-Baseline, die auch noch weniger stark von Fluktuationen abhängig ist. Mark Manson empfiehlt hier beispielsweise Meditation, Wohltätigkeit, das Führen eines Glückstagebuchs, Religiosität und auch Psychotherapie/Psychologische Beratung und Behandlung.
Jetzt so kurz vor der „Praxiseröffnung“ schließt sich der Kreis. Ich glaube, ich weiß, was ich will und worin ich einen Sinn im Leben sehe. Ich weiß, was ich hinterlassen will wenn ich mal nicht mehr bin (oder nicht mehr „ich“ bin wie am Ende einer Demenzerkrankung). Ich glaube, ich sehe das „große Ganze“ für mich (zumindest meistens ;-)
Ich will dir diese Zeilen hinterlassen, ich will dir Mut machen, Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. Lass dich nicht vom großen Ziel abschrecken, setze dir kleine Ziele, die du auch erreichen wirst. Hab Vertrauen in dich und deine Fähigkeiten, denk nicht so viel darüber nach, was andere so denken oder tun.
Ich selbst bin soooo eine kleine Ameise in diesem riesigen Ameisenhaufen, der sich Welt nennt. Das bist du auch. Aber jede von uns Ameisen hat ihren Sinn in diesem hochkomplexen System.
Und jede*r von uns hat es verdient, WIRKLICH glücklich zu sein.
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Vielen Dank für Ihre Ideen. Wir konnten ein paar interessante Gedanken für uns selber darin finden. Selbst wenn es das Leben gut mit uns meint, es unserem Umfeld und auch uns selbst gut geht, freuen wir uns im Leben immer über eine extra Prise Glück. „Vivre la vie“ gehört in Frankreich zur Lebensmaxime, bei uns Deutschen bleibt davon ein trockenes „Lebe dein Leben“. Es fehlt das Triumphierende der Sprache, der Aufschrei des Lebens, des Glücks für möglichst lange Momente. Vor unserem geistigen Auge assoziieren wir damit häufig, wie die Jugend in ihrer Unbeschwertheit auf die Dinge zuzugeht, völlig unbekümmert in einem Bewusstsein, dass es das Leben nur gut mit einem meinen kann. Es ist nicht schwer, Dinge zu finden, die einen glücklich machen. Der warme Frühlingswind, die Brise am Meer, das fröhliche abendliche Zusammensein. Auf die innere Haltung kommt es an und im französichen Vivre la vie schwingt etwas wie „Umarme das Leben“, halte es fest, mit allen Sinnen, lebe glücklich. Mit zunehmenden Alter bleibt es die Kunst des Lebens, jene Dinge festzuhalten, die uns glücklich machen. Uns eine gute Portion Unbeschwertheit und Jugend zu bewahren, selbst wenn sich die ersten kleinen Fältchen ins Gesicht graben. Lachfalten machen nicht alt, sie halten jung.Das Leben bleibt uns als Chance und Herausforderung auf der Suche nach Dingen, die uns glücklich machen, uns positiv einstimmen. Seien wir nicht allzu streng mit uns selbst. Halten wir das Glück fest, wenn es uns gefunden hat und lernen wir für unser Leben daraus. Glück schenkt uns Lebensfreude und Lebensmut, lässt uns auch manche schwierige Situation überstehen. Mit Optimismus und neuer Kraft sind wir fähig das Leben zu greifen und die Dinge hin zum Positive zu bewegen. Auf den Weg dorthin müssen wir die großen und kleinen Momente des Glücks pflegen wie eine zarte Pflanze im Garten. Den Boden bereiten, ihm die Nährstoffe zuführen und gelegentliches Gießen, vor allem wenn wir in der Hitze des Alltags zeitweise vergessen an uns zu denken, an unser ganz persönliches Glück.