EINLEITENDE WORTE
Gobi habe ich über eine gemeinsame Freundin kennengelernt und das ist noch gar nicht lange her, kurz vor Ausbruch der Corona-Krise.
Corona-bedingt haben wir uns seitdem leider nicht mehr gesehen, ich kann mich aber gut an unser Kennenlernen erinnern und daran, dass er ein Mensch ist, der sich zig Milliarden Dinge merken kann (möglicherweise ist auch sogenanntes unnützes Wissen dabei, aber jetzt weiß ich zumindest, wen ich anrufen kann, falls ich mal einen Telefonjoker brauche (Spezialgebiet: Wrestling).
Das, was er euch über seine privaten Hintergründe, seinen beruflichen Werdegang und seine Motivation, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen, erzählt, ist wirklich mitreißend und sollte uns allen Mut machen, unsere Träume zu verwirklichen.
Dieser Gastbeitrag ist das Zeichen auf das ihr gewartet habt, euch beruflich zu verändern. Also: Go for it! Now! Denn wie dieser empfehlenswerte Beitrag von Michaela Brohm über Positive Psychologie und Motivation zeigt: Motivation kommt oft erst während des Tuns. Und Gobi hat es dann einfach wirklich getan: er hat sich in die Selbstständigkeit gewagt und kann jetzt zurückblicken um uns davon zu erzählen.
Danke Gobi!
PS: und wer nach diesen einleitenden Worten noch nicht motiviert genug zum Weiterlesen ist, drückt bitte vorher hier
Angst, Wut und Sorgen, Zeit für einen Abschied
wie aus negativen Gefühlen Motivation entsteht
Es war ein wunderschöner Sommertag und wie jeden Morgen nach meiner Tasse Tee setzte ich mich kurz nach 8 Uhr aufs Fahrrad und fuhr entlang der Salzach in Salzburg-Stadt in die Arbeit. Mein Weg war keine 10 Minuten lang, aber ich bin generell ein überpünktlicher Mensch was die Arbeit angeht und außerdem mag ich den Stress in der Früh nicht.
An diesem Morgen begegnete mir ein guter alter Freund aus der alten Heimat (Zell am See) und wir beide blieben mitten am Fahrradweg stehen, umarmten uns herzlich und verquatschen uns etwas, sodass ich 10 Minuten zu spät in die Arbeit kam.
„Arbeitsbeginn ist NICHT um 5 nach 9, nicht 10 nach 9, sondern um Punkt 9 Uhr, hast du mich verstanden!“ Mein damaliger Chef, mit dem ich eigentlich sehr gut auskam, war an diesem Morgen sehr schlecht gelaunt und mein Zuspätkommen war für ihn das perfekte Ventil zum Wut auslassen.
Zeit für Veränderung
Eigentlich nehme ich nicht oft etwas persönlich und versuche die Welt immer aus den Augen meines Gegenübers zu sehen, um seine oder ihre Worte oder Reaktionen besser nachvollziehen zu können. Aber dieser Satz hat mich wirklich getroffen.
Ich verspürte einen Zorn in mir hochsteigen. Zu meiner Verwunderung war jedoch dieser Zorn nicht gegen meinen Chef, sondern gegen mich selbst gerichtet.
Mir wurde klar, wie unwichtig und leicht ersetzbar ich für diese Firma war. Zusätzlich ärgerte ich mich, dass mein Verkäufer-Kollege fast täglich zu spät kam und zu früh ging und keiner es wagte, ihm die Stirn zu bieten.
Wie konnte es sein, dass ich mit diesem einen Mal Zuspätkommen konfrontiert wurde?
Ich war eigentlich nicht wütend, dass ich unfair behandelt wurde. Ich war viel mehr deshalb wütend, dass ich so ein “kleines Würstel” war, das sich wegen 5 Minuten Zuspätkommens eine Standpauke von seinem Chef anhören musste. Diese Situation wurde mir in diesem Moment bewusst und war für mich nicht mehr tragbar.
Mir wurde klar, dass, solange ich für jemanden anderen arbeitete, immer jemand über mich eine gewisse Macht haben und seine Laune an mir auslassen könnte. Obwohl ich generell mit meiner Arbeit und meinem Leben zufrieden war, lag ich öfter in der Nacht wach oder starrte minutenlang aus dem Fenster, ohne einen klaren Gedanken zu haben, jedoch mit einem Gefühl der Unvollkommenheit.
Dieser Satz meines Chefs war der letzte Mosaikstein, der mich motivierte, mein Arbeitsleben radikal zu verändern.
Ein Plan entsteht
Obwohl ich ein extrem risikoscheuer Mensch bin und schon immer Angst vor Veränderungen hatte, ließ mich der Gedanke nicht los, etwas zu verändern.
Die ganze Woche ließ mich der Gedanke nicht los und ich lag nächtelang wach und schwamm mit meinen Gedanken in einem Meer aus Ängsten und Sorgen vor Veränderung, doch zum Glück schwamm ich in ein Luxusboot namens Motivation und Zuversicht.
Ich nutzte in dieser Woche jede freie Minute, um mir Dokumentationen und Kurz-Videoclips von erfolgreichen Menschen anzusehen. Ich wollte mehr erfahren und wissen, wie man einer von ihnen, diesen erfolgreichen Menschen, wird. Das Bild war eindeutig:
Die meisten erfolgreichen Menschen waren weder extrem schlau noch super begabt, aber sie alle waren extrem fleißig, fokussiert und haben vor allem in ihre eigene Bildung investiert.
Je mehr ich mich über diese Menschen informierte, umso mehr dominierte die Motivation über die einst so mächtige Angst in mir.
Am Wochenende fuhr ich nach Zell am See zu meinen Eltern und erzählte Ihnen, dass ich meinen Job auf Teilzeit reduzieren, die Matura nachmachen und nach Wien umziehen wollte, um BWL zu studieren und um danach meine eigene Firma zu gründen.
Wut als treibende Kraft
Mein Vater sah mich mit leuchtenden Augen an und ich spürte, wie stolz er war, während meine Mutter mich voller Sorgen und Ängsten ansah und den Kopf schüttelte.
„Mein Sohn, warum willst du einen sicheren Job aufgeben, außerdem warst du immer so schlecht in der Schule und hast dich mit Ach und Krach durch die Handelsschule gekämpft und jetzt willst du die Matura nachholen und sogar BWL studieren? Was ist bloß in dich gefahren?“
Ich weiß, wie sehr mich meine Mutter liebt und weiß, dass sie das Beste für mich möchte, aber hier sagte eine innere Stimme zu mir, dass sie falsch lag.
Ebenfalls rieten mir viele Freunde davon ab, den sicheren Job aufzugeben und überhaupt bei der Idee, die Matura nachzuholen und zu studieren, mussten sich viele das Lachen verkneifen.
Ich war nicht gerade für meine schulischen Leistungen in unserem kleinen Dorf bekannt. Ich nahm es ihnen nicht übel, da ich wirklich ein sehr schlechter Schüler war. Kein Sommer verging, in dem ich nicht für eine Nachprüfung lernen musste. Sie alle wollten nur das „Beste“ für mich.
Wieder stiegen der Zorn und die Wut in mir hoch und wieder war diese Wut nicht gegen die anderen gerichtet, sondern gegen mich selbst. Diese Wut war jedoch auch eine treibende Kraft, die sich schließlich in Motivation umwandelte.
Die Wut war der Wind in meinen Segeln, der mich dazu verleitete, meinen Anker hochzuziehen und den sicheren Hafen zu verlassen.
Zeitmanagement und noch mehr Motivation
Die fünf Jahre Handelsakademie-Stoff in nicht einmal 8 Monaten nachzulernen war eine besondere Herausforderung, denn daneben musste ich ja 20 Stunden arbeiten gehen.
Jede freie Minute nutzte ich, um mit Lernkärtchen Englisch-Vokabeln zu lernen. Auf dem Weg in die Arbeit und zum Kurs hörte ich English-Podcasts an, die Abende nutzte ich für Mathematik und ich reduzierte meinen Schlaf auf 6 Stunden, damit in der Früh noch eine Stunde Zeit war, um zu lesen. Denn auch mein Ausdruck, meine Rechtschreibung und Grammatik für die Deutsch Matura mussten deutlich verbessert werden. Da Deutsch bis zu meinem 8ten Lebensjahr nicht meine Muttersprache war, bestand einiges an Nachholbedarf.
Ein weiterer Motivations-Faktor war für mich, dass dieser Vorbereitungskurs knapp 5000,- Euro gekostet hatte und ich es mir nicht leisten konnte, nicht zu bestehen.
Als ich die Matura im Juli 2008 abgeschlossen hatte, zog ich nach Wien und begann im September mein BWL Studium. Voller Motivation schrieb ich mich für 12 Kurse im ersten Semester ein, was stolze 48 ECTS eingebracht hätte.
Mein Ziel war es, unter der Mindestzeit zu studieren, da ich zu Beginn des Studiums bereits 22 Jahre alt war. Was ich jedoch nicht bedacht hatte, war, dass alle Prüfungen zeitlich sehr nah beieinander lagen. Ich bestand stolze 3 Prüfungen und hatte somit ganze 12 ETCS anstatt die gewünschten 48. Mit einem Mal waren sie wieder da – die Ängste und Sorgen, wie es wohl weiter gehen soll. In den Semesterferien dachte ich viel nach und meine alten Freundinnen die Angst und die Sorge suchten mich wieder auf.
Connections
Nach vielen langen Spaziergängen kam ich zum Entschluss, dass es ohne Hilfe von außen nicht machbar war, das Studium zu bestehen, da ich einerseits viel zu lange aus dem Lernen draußen war und andererseits mir extrem viele Grundlagen fehlten, da ich die Matura ja im Turbogang nachgeholt hatte.
So beschloss ich im zweiten Semester, jede und jeden anzusprechen, der schlau oder ehrgeizig aussah. Ich lernte sehr viel neue Leute kennen, mit einigen von ihnen bin ich bis heute tief befreundet. An dieser Stelle Grüße an Markus, Phillip, Julio, Dzana, Benni, Kaja, Michi, Gianni, Boso und Matthias, ihr seid eine echte Bereicherung in meinen Leben und habt mir nicht nur das Studium versüßt, sondern auch das ganze Leben. Freunde wie euch zu haben, ist ein größerer Schatz als sich Captain Hook je zu erträumen gewagt hätte.
Wir waren eine gute Truppe von knapp 20 Freund*innen wo jede*r etwas besonders gut konnte und somit fiel uns das Studium relativ leicht.
Ich selbst war zwar nirgends richtig gut, aber konnte hervorragend Leute zusammen bringen, gemeinsames Lernen organisieren und vor allem gute Lernunterlagen für alle besorgen.
Einige nannten mich schon „Gobi, den Connector“.
Mein Leben heute
Nach meinem Studium habe ich in einem großen Konzern zu arbeiten begonnen, um zu lernen, wie man professionell arbeitet, wie man ein Team führt und strategische Entscheidungen aufgrund Mikro- und Makroökonomischer Gegebenheit trifft.
Als ich das – aus meiner Sicht – nötige Know How hatte, gründete ich ein Nachhilfe-Institut für BWL Student*innen gemeinsam mit meinem Freund Markus. Markus war das Mathe-Genie und ich war der Organisator. Nach und nach rekrutierte ich mehr und mehr Trainer*innen und hatte zu Spitzenzeiten sogar 5 Lehrkräfte.
Wenige Zeit später ergab sich daraus ein weiteres Business, welches in der Vermietung von Seminarräumen bestand, da die Nachhilfe-Kurse hauptsächlich abends stattfanden und das Institut tagsüber leer stand.
Als diese beiden Businesses Selbstläufer wurden, gründete ich mit meiner Lebenspartnerin eine Handelsagentur für vegane Lebensmittel, da ich meinen Fleischkonsum in den letzten Jahren massiv reduziert hatte und es gerade gut passte.
Nach Aufbau eines stabilen Kundenstocks und regelmäßigen Bestellungen wurde es wieder Zeit für das nächste Business. Da mir die liebe Mutter Erde sehr am Herzen liegt, wirke ich seit einige Monaten als Marketing- und Strategie-Berater in einem Startup mit, welches sich auf Stromsparsysteme und CO2 Reduktion spezialisiert hat.
Reflexion zu Angst und Sorgen
Im Nachhinein betrachtet war die Entscheidung, meinen damaligen Job aufzugeben und eine Veränderung trotz großer Angst und vieler Sorgen zu wagen, die richtige. Ich habe erst viel später begriffen, dass die Angst, die mich mein ganzes Leben lang begleitet hatte, mich nicht beherrschen wollte, sondern viel mehr ein Wächter an meiner Türe war, dem ich oft viel zu viel Autorität gegeben hatte.
Die Angst war und ist aber auch mein engster Berater, der mich davon abhält, keine Himmelfahrtskommandos durchzuführen, sondern alles mit Bedacht und mit einem Plan anzugehen.
Vielleicht ist sie der Grund, dass ich noch mit keiner meiner Firmen pleite gegangen bin, weil sie mich als mein Wächter immer vor großen Entscheidungen beraten hat. Die Angst ist mein Verbündeter und Freund.
Sorgen sind aus meiner Sicht worst case-Ereignisse, die sich in der Zukunft abspielen könnten. Wir leiden in unseren Gedanken viel mehr als im realen Leben. Die Ungewissheit und Sorgen haben mich sehr lange auf meinem Lebensweg begleitet und so habe ich mich irgendwann dazu entschieden, meine Zukunft möglichst selbst zu gestalten und sie nicht dem Zufall und der Ungewissheit zu überlassen.
Aus aktuellem Anlass
Charles Robert Darwin sagte einmal:
„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert“.
Ich bin nun seit mehr als 6 Jahren selbständiger Unternehmer und dadurch kenne ich viele Gleichgesinnte. Besonders seit der COVID 19 Krise schickt mir meine alte Wegbegleiterin, die Sorge, viele Grußkarten von anderen Unternehmer*innen. Sie bekommt in dieser Krise sehr viel Aufmerksamkeit.
Bei einem Spaziergang im Auer-Welsbach-Park sah ich vor Kurzem meine alte Freundin, die Sorge, auf einer Parkbank sitzen. Sie lachte mich an und fragte ganz charmant, ob ich mich zu ihr setzen wolle und wir vielleicht unsere alte Beziehung wieder aufnehmen könnten.
Ich aber lehnte höflich ab und sagte, dass ich nur in diesem Park sei um die Ruhe zu genießen. Ich wolle nur einige Dinge überdenken, um mich auf eine noch schönere Zukunft zu freuen.
Ganz nach diesem Motto ging ich nun auch diese Krise an und stellte die notwendigen Abläufe entsprechend der gegenwärtigen Situation um.
(Und Charles Darwin wäre stolz auf dich, Gobi!)
KONTAKT und weiterführende LINKS
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Bildquelle: Photo by Austin Chan on Unsplash
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